51 - Der Todeswirbel by Agatha Christie

51 - Der Todeswirbel by Agatha Christie

Autor:Agatha Christie [Christie, Agatha]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-04-02T21:27:54+00:00


15

»Da bist du ja, Lynn, ich habe dich gar nicht hereinkommen hören.« Adelas Stimme klang erleichtert. Sie plätscherte beruhigt fort: »Bist du schon lange da?«

»Ewigkeiten«, erwiderte Lynn ausweichend. »Ich war oben.«

»Ach, mir wäre es lieber, du würdest mir sagen, wenn du heimkommst. Ich bin immer unruhig, wenn ich dich nach Einbruch der Dunkelheit draußen herumstreifen weiß.«

»Das ist doch weiß Gott übertrieben, Mama. Meinst du nicht, ich bin imstande, auf mich selbst Acht zu geben?«

»Man liest aber immer so furchtbare Sachen in der Zeitung. Was in letzter Zeit alles passiert! Und die vielen entlassenen Soldaten… sie belästigen Frauen und Mädchen.«

»Wahrscheinlich wollen die Frauen und Mädchen belästigt werden.«

Lynn musste wider Willen lächeln, aber es war kein frohes Lächeln.

Sehnten die Frauen sich insgeheim nicht nach Gefahren?

Wer wollte letzten Endes denn schon sicher sein…?

»Lynn! Du hörst mir überhaupt nicht zu.«

Lynn riss sich zusammen. Sie hatte wirklich nicht zugehört.

»Ja, Mama? Was hast du gesagt?«

»Ich sagte gerade, hoffentlich haben deine Brautjungfern genügend Kupons, um sich Kleider für die Hochzeit machen lassen zu können. Ein Glück, dass du bei der Entlassung deine Kupons nachträglich bekommen hast. Die armen Mädchen, die heiraten müssen mit den paar Textilkupons, die einem gewöhnlich zustehen, tun mir schrecklich leid. Sie können sich überhaupt nichts Neues anschaffen. Ich meine, keine neuen Kleider. Die Unterwäsche ist meist in einem solchen Zustand nach diesen Kriegsjahren, wo nichts ersetzt werden konnte, dass man zuerst einmal daran denken muss, nun, und da bleibt für ein Hochzeitskleid nichts mehr übrig. Du hast großes Glück, Lynn.«

»Ja – großes Glück.«

Sie bewegte sich durch das Zimmer, nahm hier etwas auf, legte es ein paar Schritte weiter wieder ab und stand keine Minute still.

»Du bist so entsetzlich rastlos, meine Liebe«, klagte Adela. »Ist etwas los?«

»Was soll denn los sein?« Lynns Ton war scharf.

»Spring mir nicht gleich an die Kehle. Aber, um auf die Brautjungfern zurückzukommen: Ich finde, du solltest unbedingt Joan Macrae bitten. Ihre Mutter war meine beste Freundin, und sie wäre gekränkt, wenn – «

»Aber ich hasse Joan Macrae! Ich konnte sie nie ausstehen.«

»Ich weiß, Liebste, aber das ist doch nicht so wichtig. Marjorie wäre außer sich – «

»Schließlich ist es doch meine Hochzeit, Mama.«

»Natürlich, Lynn, natürlich, aber ich dachte – «

»Wenn es überhaupt zu einer Hochzeit kommt.«

Die Worte waren ihr entschlüpft, bevor sie sich überlegte, was sie da sagte. Nun war es zu spät. Sie ließen sich nicht mehr zurücknehmen. Adela Marchmont starrte ihre Tochter fassungslos an.

»Was soll das heißen, Lynn?«

»Ach, nichts, Mama.«

»Du hast dich doch nicht etwa mit Rowley gestritten?«

»Aber nein, Mama, reg dich nicht auf und sieh keine Gespenster. Es ist nichts.«

Doch Adela ließ sich nicht so leicht abspeisen. Sie spürte den Sturm der widerstreitenden Gefühle, dem ihre Tochter ausgesetzt war.

»An der Seite Rowleys wärst du geborgen und sicher«, bemerkte sie zögernd. »Der Überzeugung war ich immer.«

»Wer will schon sicher sein?«, fragte Lynn abweisend. Sie blieb plötzlich stehen und horchte.

»War das das Telefon?«

»Nein. Erwartest du einen Anruf?«

Lynn schüttelte verneinend den Kopf. Wie demütigend es war, auf einen Anruf zu warten! Er hatte gesagt, er würde sie noch heute Abend anrufen.



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